Hinrich Lühmann

Menon - Vom Zeigen der Figur

Dies ist das Manuskript einer Vorlesung mit Kolloquium, die ich 1997 an der Universität Hamburg gehalten habe. Im Zentrum dieses Textes steht die Auseinandersetzung mit Platons "Menon", in dem die älteste Lehrprobe der Geschichte zu finden ist.

Ein ziemlicher Steinbruch, im Rückblick bedaure ich die armen Studierenden. Aber unter dem in Teilen kruden Gerümpel finden sich Einsichten, die ich noch heute für richtig halte.

In dieser ersten Lehrprobe der Geschichte stellt Sokrates die Schlüsselfrage des Weltbildes seiner Epoche; die Frage der Kommensurabilität, die Frage nach den nicht mehr rationalen Zahlen. Dies ist seine existenzielle Frage, die Antwort erwartet er - "ausgerechnet" von einem ungelehrten "Pais". Dass ein Weltbild nicht geschlossen sein kann, zeigt die Diagonale an. Diese Diagonale ist Repräsentant des im Symbolischen nicht Habbaren. Keine Erklärung, kein Stopfen, eine Barriere vielmehr, eine Marke, die gezeigt werden, die benannt werden kann. Zu ertragen ist genau diese Hinfälligkeit des Symbolischen. Die Diagonale, die das (noch) nicht zu Benennende sichere Wissen vertritt, ist kein Zeichen der Fülle, sondern ein Zeichen der notwendigen Vorläufigkeit aller Zeichen. Sie ist die Marke der Kastration. Und sie anzunehmen, macht es leicht, sich dem Realen auszusetzen, dem Verlust, dem Mangel, ohne in die Falle der falschen Fülle zu gehen.

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Menon 1997 Vom Zeigen.pdf
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